Licht für Zimmerpflanzen – Einstufung, Messung, Praxis
Warum Licht entscheidend ist
Photosynthese benötigt Photonen. Licht bestimmt Wachstum, Blattgröße, Internodienlänge, Blüte und Farbgebung. Zu wenig Licht → Streckwuchs, schwaches Gewebe, Krankheiten. Zu viel Licht/Hitze → Verbrennungen, Chlorosen, Photoinhibition.
Grundbegriffe kurz
-
Intensität: Menge an Licht am Blatt (Lux für Helligkeit, PPFD in µmol/m²/s für Pflanzen).
-
Spektrum: PAR 400–700 nm relevant. Tageslicht/„Vollspektrum“ ist solide.
-
DLI: Tageslichtdosis = PPFD × Beleuchtungszeit (mol/m²/Tag). Bestimmt Wachstum.
Lichtklassen für Zimmerpflanzen (Richtwerte)
| Klasse | Standort | PPFD Ziel* | DLI Ziel* | Beispiele |
|---|---|---|---|---|
| Sehr niedrig | 1–2 m vom Nord-/Ostfenster | 25–50 | 1–4 | ZZ-Plant, Bogenhanf |
| Niedrig | 1 m Ost/West, 2–3 m Süd | 50–100 | 4–6 | Philodendron, Epipremnum |
| Mittel | direkt am Ost/West, hell gefiltert Süd | 100–200 | 6–12 | Monstera, Ficus elastica |
| Hoch | Südfenster mit Vorhang, Wintergarten | 200–400 | 12–20 | Zitrus, Sukkulenten |
| Sehr hoch | Volle Sonne | 400–800 | 20–30 | Kakteen, Mittagsblüher |
*PPFD in µmol/m²/s, DLI in mol/m²/Tag. Wohnraumbedingungen schwanken stark.
Fensterorientierung und Distanz
-
Nord: gleichmäßig, schwach. Schattenarten.
-
Ost: Morgensonne mild. Viele Tropen ideal.
-
West: Heiß am Nachmittag. Schattieren im Sommer.
-
Süd: Maximum an Licht. Filterung/Abstand nötig.
-
Distanz-Regel: 50 cm vom Fenster halbiert oft die Intensität. Jede Verdopplung Abstand ≈ starke Reduktion.
Jahreszeit und Wetter
Winterlicht in Mitteleuropa ist schwach. Intervall für Gießen/Düngen anpassen. Pflanzen näher ans Fenster. Sommer: Hitze + hohe Intensität → Beschattung zur Mittagszeit.
Symptome richtig deuten
Zu wenig Licht
-
Lange Internodien, kleine neue Blätter.
-
Blattfall älterer Blätter zuerst.
-
Dunkelgrün, aber matt.
-
Nasse Erde bleibt lange feucht, Wurzeln leiden.
Zu viel Licht/Hitze
-
Helle, bleiche Flecken, braune Ränder.
-
Blattkräuseln, Sonnenbrand-Flecken auf Südseite.
-
Substrat trocknet extrem schnell, Salzkanten.
Schutz vor Sonnenbrand
-
Neue Standorte stufenweise an Sonne gewöhnen (1–2 Wochen).
-
Diffusionsvorhang oder Plissee am Süd-/Westfenster.
-
Keine Wassertropfen auf Blättern bei direkter Sonne.
Mess- und Praxiswerkzeuge
-
Lux-App: grobe Orientierung (Lux ist nicht PPFD, hilft dennoch).
-
Niedrig: 1–5 kLux, Mittel: 5–10 kLux, Hoch: 10–20 kLux+, direkt Sonne: 40–100 kLux.
-
-
PPFD-Sensor: genau, wenn verfügbar.
-
Schattenprobe: Klare Schattenkante = viel Licht; weicher Schatten = mittel; kein Schatten = niedrig.
Einrichtung nach Tradition: bewährte Regeln
-
Pflanzen ans hellste Fenster, außer empfindliche Schattenarten.
-
Süd/West filtern, Ost bevorzugen, Nord nur robuste Arten.
-
Große Blätter nach dem Abstauben profitieren sichtbar.
-
Gruppenstellung erhöht lokale Luftfeuchte, aber Lichtschatten beachten.
Künstliche Beleuchtung (optional)
-
LED-Pflanzenleuchten, 400–700 nm, 3000–5000 K sind praxistauglich.
-
Ziel-PPFD am Blatt: 100–200 für tropische Blattpflanzen, 200–400 für Sukkulenten.
-
Abstand so wählen, dass keine Verbrennung/Hitze entsteht; Handtest: angenehm warm.
-
Photoperiode: 10–12 h Winter, 12–14 h Sommer. Zeitschaltuhr.
Raumzonen planen
-
Fensterbank Süd, gefiltert: Sukkulenten, Kakteen, Zitrus.
-
Ost/West nah am Glas: Monstera, Ficus, Hoya.
-
1–2 m vom Fenster: Philodendron, Epipremnum, Aglaonema.
-
>2 m oder Nord: ZZ-Plant, Bogenhanf, Aspidistra.
Artenleitfaden kompakt
-
Monstera/Philodendron: mittel, morgensonne ok, keine harte Mittagssonne.
-
Ficus lyrata/elastica: mittel-hoch, viel diffuses Licht, Verbrennung am Südfenster vermeiden.
-
Calathea/Farne: niedrig-mittel, hell ohne Sonne, weiches Wasser koppeln.
-
Hoya: hell, etwas Sonne fördert Blüte, Topf nicht drehen in Knospenphase.
-
Sukkulenten/Kakteen: sehr hell bis Sonne, langsam gewöhnen.
-
Orchideen (Phalaenopsis): hell, keine pralle Mittagssonne, Ost ideal.
-
ZZ/Bogenhanf: tolerant, besser mit mehr Licht, aber kein Muss.
Umstellen ohne Stress
-
Standort checken, Lux/PPFD grob messen.
-
In 3–5 Schritten näher ans Licht rücken.
-
Gießrhythmus anpassen: mehr Licht = schnelleres Austrocknen.
-
Düngung moderat erhöhen, wenn Wachstum sichtbar.
-
Nach 2–4 Wochen Bilanz: Blattqualität, Internodien, Substrattrocknung.
Häufige Fehler
-
„Helle Ecke“ statt Fensterplatz. Wandreflexe ersetzen kein Fenster.
-
Südfenster ohne Filter im Sommer.
-
Pflanzen hinter Vorhängen/Schrägen verstecken.
-
Licht erhöhen, aber Gieß-/Düngeregime nicht mitziehen.
-
Große Pflanzen drehen ohne Markierung → Lichtstress.
Checkliste monatlich
-
Staub entfernen.
-
Blatt- und Topfposition zur Scheibe prüfen.
-
Jahreszeitliche Verschiebung der Sonne beachten.
-
Sichtprüfung auf Sonnenbrand oder Streckwuchs.
-
Messwert notieren (Lux/PPFD grob).
FAQ kurz
-
Reicht Nordfenster? Für Schatten-Robuste ja. Für die meisten nein.
-
Pflanzenlampe nötig? Im Winter oft sinnvoll, besonders >1 m vom Fenster.
-
Wie schnell zeigt sich Besserung? Neue Blätter nach Wochen. Alte Schäden bleiben sichtbar.
-
Sonne durchs Glas? Fensterglas filtert UV, nicht PAR wesentlich. Hitze bleibt Thema.